In der öffentlichen Debatte wird der Begriff „Genetisches Phantombild“ oft als Synonym für „Erweiterte DNA-Analysen“ verwendet. Wir vermeiden diesen Begriff, da er angesichts des momentanen Standes der Forschung zu viel verspricht. Selbst bei der Vorhersage von relativ gut erforschten äußeren Merkmalen (Haar-, Haut- und Augenfarbe) ist die Treffsicherheit bei der Anwendung außerhalb des Labors noch umstritten. Darüberhinaus arbeiten WissenschaftlerInnen noch an der Einsatzfähigkeit von Analysen, die über Pigmentierung von Haaren, Augen und Haut hinausgehen.

Ein Mitentwickler der Technologie, der Rechtsmediziner Prof. Peter M. Schneider, Leiter der Spurenkommission, sagte in einem Interview mit dem WDR 2017 dazu: „Bis zum genetischen Phantombild ist es noch ein sehr, sehr weiter Weg.“ Es ist möglich, dass in Zukunft auch komplexere Merkmale wie Gesichtsform mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden können. Momentan entspricht es jedoch nicht den Anforderungen an eine verantwortungsvolle Wissenschaftskommunikation, die Technologie als einsatzreif zu bezeichnen oder sie auch nur auf die Stufe von klassischen Steckbriefen zu stellen.

In den Medien wird zunehmend von Fällen in den USA berichtet, bei denen „DNA-Steckbriefe“ und Porträtbilder der Firma Parabon zu Fahndungserfolgen führten. Doch die Firma publiziert ihre Ergebnisse nicht wissenschaftlich; es ist daher nicht möglich, die tatsächliche Qualität der Analysen unabhängig zu überprüfen. Wie viele dieser Steckbriefe und Phantombilder Verdächtige inkorrekt wiedergegeben haben, und ob damit möglicherweise Ermittlungen fehlgeleitet wurden, ist daher unbekannt. Von wissenschaftlicher Seite wurde Parabon für seine Produkte heftig kritisiert, so etwa von Prof. Peter M. Schneider: „Das sind dann eher ethnische Stereotypen, keine individuellen Gesichter. Das ist aus meiner Sicht eine Schande für die seriöse Wissenschaft.“


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