Obwohl die Durchführung der Methode in Deutschland bis Ende 2019 nicht erlaubt war, gab es bereits einen Fall, bei der eine „biogeografische Herkunftsanalyse“ in Deutschland angewendet wurde. Der Fall ist ein Beispiel dafür, dass die Methode nicht nur Chancen, sondern auch Risiken birgt.

Beim „Phantom von Heilbronn“ handelte es sich um eine DNA-Spur, die seit 1993 an ganz verschiedenen Tatorten in Deutschland, Frankreich und Österreich gefunden wurde. Auch am Dienstwagen der Polizistin Michèle Kiesewetter, die 2007 in Heilbronn erschossen wurde, fand man vermeintlich übereinstimmende DNA-Spuren und ordnete sie einer unbekannten weiblichen Tatverdächtigen zu.

In Österreich, wo die Analyse der „biogeografischen Herkunft“ offenbar rechtlich weniger problematisch ist als in Deutschland, wurde eine DNA-basierte Herkunftsanalyse vorgenommen, deren Ergebnis auf eine osteuropäische Herkunft der DNA-Spuren-Verursacherin hinwies.

Zum Tatzeitpunkt des Heilbronner Mordfalls hielten sich am Tatort, dem Festplatz Theresienwiese, über 100 SchaustellerInnen auf, die das Frühlingsfest aufbauten, sowie Angehörige einer Roma-Familie, die mit ihren Wohnwägen auf Durchreise waren.

Die ErmittlerInnen sahen sich durch das Analyse-Ergebnis in ihrem Verdacht bestätigt, es handele sich bei der Täterin um eine „hochmobile“ und „hochkriminelle“ Person aus dem „Zigeuner“-Milieu, wie in den Ermittlungsakten und in Presseberichten zu lesen ist. Es wurde gegen mehrere hundert bis mehrere tausend Frauen ermittelt, die diesem Milieu zugeordnet worden waren.

2009 wurde bekannt, dass es sich bei der unbekannten DNA-Spur um eine Kontamination der Probenträger gehandelt hatte. Die DNA stammte von einer Mitarbeiterin aus der Wattestäbchenfabrik.

Wie institutionelle Vorurteile und ein zu großes Vertrauen in DNA-Spuren und DNA-Analysen zusammen zu Ermittlungsfehlern führen können, können Sie in einem Artikel von Prof. Dr. Anna Lipphardt nachlesen:

Das Phantom von Heilbronn. Freispruch 11: 8-12, September 2017.